Unser Schaukasten zum Reformationstag

Unser Schaukasten zum Reformationstag

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# Schaukasten

Unser Schaukasten zum Reformationstag

Erst vor wenigen Tagen haben wir im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes auf die 100 Jahre alte Geschichte der Kirchgemeinde Frohnau geschaut. Dabei würdigte unsere Pröpstin Dr. Christina-Maria Bammel in ihrer Predigt nicht nur die vergangenen Jahre.  Sie nahm die Gemeinde auch mit auf eine gedankliche Phantasiereise in die kommenden 100 Jahre. Science-Fiction a la Raumschiff Enterprise.

Und nun gibt uns wieder ein Jubiläum Gelegenheit, zurück und nach vorn zu schauen. Die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther jährte sich im Übergang zwischen den Jahren 2021 und 2022 zum 500. Mal.

Die Bibel – abgeleitet vom Wort „biblía“ für „Bücher, ist eine Sammlung mehrerer Bücher. Erst nach dem Buchdruck wurde es üblich, diese in einem Buch zu vereinen. Die Bibel gilt als das „Buch der Bücher“, was auf diesen Sammlungscharakter hinweist, gleichzeitig aber auch die religiös herausgehobene Bedeutung erahnen lässt.

Inhaltlich ist die Bibel eine beeindruckende Sammlung von Erzählungen, Berichten, Gebeten und Gedichten. Sie fasst wesentliche Erlebnisse, Erfahrungen und Begegnungen der Menschen mit Gott und der Welt zusammen. Anfangs mündlich weitergegeben, wurden viele diese Erzählungen später aufgeschrieben und in Büchern zusammengefasst.

Mit dem Verfahren des Buchdrucks brachte Johannes Gutenberg in Mainz im Jahr 1452 die Bibel als erstes gedrucktes, gebundenes Werk in einer Auflage von 200 Stück heraus. Durch die Verbreitung des Buchdrucks wurde in den folgenden Jahren in vielen Städten Europas eine deutlich höhere Auflage möglich. Mit dem Prinzip des stehenden Satzes (also die ganze Bibel in einem Drucksatz) wurde es ab 1710 möglich, in der Druckanstalt in Halle eine Auflage von 3 Millionen Büchern zu erreichen. Ein Buch ging um die Welt!

Nur 70 Jahre nach der ersten gedruckten Gutenberg-Bibel übersetzte Luther die Bibel ins Deutsche. Er war damit nicht der Erste, verfolgte aber einen wichtigen neuen Ansatz: „dem Volk auf das Maul sehen“ und so übersetzen, dass es die „Mutter im Hause, die Kinder auf der Gasse, der gemeine Mann auf dem Markt“ verstehen. Und dennoch ging es ihm explizit auch darum, Kraftausdrücke und Jargon zu vermeiden und den heiligen Schriften würdig in der Übersetzung zu begegnen. Dieser Ansatz macht die Luthersche Übersetzung auch 500 Jahre später noch so erfolgreich.

Was macht die Bibel heute für uns bedeutsam, welche Rolle, welchen Platz wird sie in unserem zukünftigen Leben einnehmen?

Der Blick in die Bibel selbst kann für eine Antwort hilfreich sein. „Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“, so heißt es im Johannes-Evangelium (Johannes 1, 1-2). Das Wort war also schon da, Gott war schon da! Das Wort initiierte die Schöpfung - denn Gott sprach “Es werde Licht!” und es ward Licht. (Genesis 1, 3). Welche Macht haben also Worte! In der Bibel wird diese Macht aber nicht nur Gott zugeschrieben, sondern durch ihn hindurch auch uns Menschen - “Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns” (Johannes 1,14). Im Wort kristallisieren sich unsere Gedanken, Assoziationen, Gefühle, Ansichten über die Welt, Wünsche und Bedürfnisse. Wir können über das Wort in den Austausch mit uns selbst gehen – uns unserer selbst bewusst werden. Einige Menschen tun dies, indem sie Tagebuch schreiben.

Indem wir unsere Worte teilen, uns mitteilen, schaffen wir eine Verbindung zu anderen Menschen. So kann das Wort als der Ursprung der menschlichen Gemeinschaft gesehen werden. Im Teilen und im Gebrauch unserer Worte liegt zugleich die Quelle aller Missverständnisse, die uns auch trennen können. Es gibt so viele Deutungsmöglichkeiten für einen simplen Satz, eine Geste, eine Mimik. Was hilft? Miteinander reden! Am Anfang war das Wort! Auch in der Beziehung zwischen uns Menschen steht am Anfang das Wort, welchem dann unser Handeln, unsere Taten folgen. So ergibt sich für uns eine große Verantwortung für unsere Worte und unsere Taten.

Als die größte Krise der heutigen Zeit hat kürzlich eine weltweit forschende Gruppe Wissenschaftler übrigens nicht die Klimakrise, Pandemien oder Kriege identifiziert, sondern der Gebrauch von Information und Desinformation. Am Anfang war das Wort.


Welche Sprache nutzen wir? Ist die Bibel noch zeitgemäß? „Das Buch der Bücher“ ist für mich die DNA christlicher Erfahrung. Übersetzen müssen wir immer wieder neu - auch heute. Wir müssen uns, wie Luther es nennt, „aufs Maul schauen“. Das tun wir in der christlichen Gemeinschaft. Das Wartburg-Experiment ist ein Zeugnis davon. Anlässlich des 500. Jubiläums der Luther-Bibel wurde ein Wettbewerb „Bibel reloaded“ für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren ausgeschrieben, um der Bedeutung der Bibel für die heutige Zeit nachzuspüren. In unserer Gemeinde leisten wir übrigens auch aktiv „Übersetzungsarbeit“, unter anderem im Bibelkreis und im Format „GlaubeTeilen“.

Wir freuen uns auf den Dialog mit Ihnen,  

Ihre Claudia Kraffzig für das Schaukastenteam

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